Eine Gefälligkeitsentscheidung oder ein „Machtwort“ – das kann es jetzt nicht sein

Je länger über die Baupläne verhandelt wird, desto mehr breitet sich Unfrieden aus. Und das kann auch nicht anders sein, weil das SIGNA-Projekt und die Alte Akademie nicht zusammenpassen – was klarer wird, wenn Chipperfield weg ist und die Sache konkret werden muss. SZ und AZ berichteten vor ein paar Tagen.
Artikel der Abendzeitung und der Süddeutschen Zeitung

Daraus ist zu entnehmen, dass Heimatpfleger und Stadtbaurätin Merk nicht ganz mit SIGNA mitziehen wollen. Streitpunkt sind die Arkaden, sie wären die von aussen am deutlichsten sichtbare Deformierung der Alten Akademie. SIGNA will noch mehr von den Arkaden verschwinden lassen. (Baufachleute hätten das schon zu Anfang erklären können als Notwendigkeit für einen Zugang zu der Riesenbaustelle auf beengtem Raum. Aber dieser Punkt ginge jetzt zu sehr ins Detail.)

„Die Fronten scheinen verhärtet. Stadtbaurätin Elisabeth Merk will keine weiteren Zugeständnisse an den Investor, die Signa-Unternehmensgruppe, machen. Es gibt aber auch Stimmen aus dem Stadtrat, die diese Haltung kritisieren und eine flexiblere Haltung der Stadtbaurätin fordern. Öffentlich äußern will sich seitens der Politik und der Verwaltung dazu niemand.“ (SZ) Mauscheleien und Geheimniskrämerei?

Und an was arbeitet CSU-Stadtrat Zöller? „Vermutlich wird sich Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) einschalten müssen, glaubt CSU-Stadtrat Zöller. Anders werde sich die Angelegenheit nicht klären lassen. Zu verhärtet seien die Fronten zwischen Denkmalschutz und Investor mittlerweile.“ (AZ) „Machtworte“ und politische Tauschgeschäfte?

„Sollte es nun jedoch zu keiner Einigung kommen, müsste ein zeitlich aufwendiges Bebauungsplan-Verfahren eingeleitet werden, bei dem auch Bürger und Vertreter von Interessensgruppen ihre Ansichten äußern.“ (SZ) Genau das sollte jetzt geschehen! Dafür muss die Zeit sein.

„Das entscheidende Kriterium: Die Modernisierung verändert den Komplex nicht in seinem charakteristischen Erscheinungsbild. Die verschiedenen Stilelemente und Materialitäten aus der Zeit des Wiederaufbaus nach dem Krieg bleiben erhalten.“ (SZ) Das wäre das SOLL, es ist aber eben nicht der IST-Stand nach dem Wettbewerbsergebnis! Hier würden wir uns von der Presse einen Journalismus wünschen, der nicht nur Äußerungen wiedergibt, sondern nachforscht.

Es wird jetzt viel an den Stadträten liegen, die eine große Verantwortung tragen.

An die Stadträte Münchens

Damit Sie bei dieser wichtigen Entscheidung nicht überrumpelt werden und sachkundig Ihre Position einbringen können, sollten Sie schon jetzt Fragen an SIGNA (Maximiliansplatz 12) und das Referat für Stadtplanung und Bauordnung richten. Gegenüber der Öffentlichkeit werden die Verhandlungen als Geheimnis gehütet, was für Sie aber nicht gelten dürfte.

Diese Fragen würden wir stellen:

Was genau ist mit dem Hettlage-Haus geplant?
Was soll von diesem Kaufhaus, das das erste neue Nachkriegskaufhaus Münchens war und das in seiner noblen, nicht protzigen und zeittypischen Art weitgehend erhalten geblieben ist, übrigbleiben? Es könnte durch Renovierung und sinnvolle Weiternutzung ein lehrreiches Schmuckstück für unsere Zeit werden.

Mit welcher Begründung sollen die Arkaden überhaupt angefasst werden?
Die Bevölkerung Münchens hat davon rein garnichts, sondern verliert. Wenn, was ja offensichtlich ist, einzig SIGNA ein Interesse an größerer Verkaufsfläche hat, dann fragen Sie:
Mit welchem Recht fordert SIGNA diesen Eingriff in ein geschütztes Denkmal und ein traditionelles und für die Münchner Innenstadt enorm wichtiges städtebauliches Detail?

Der Hauptteil der Alten Akademie wurde unter Erhalt der noch stehenden Fassade von Josef Wiedemann wiedererrichtet für das Statistische Landesamt als vielseitig nutzbarer Verwaltungsbau. Es war ein böser Fehler des bayerischen Finanzministeriums, gegen eine schonende Weiternutzung durch eine andere Verwaltung oder gemeinnützliche Verwendung zu entscheiden. Es galt nicht „was ist uns die Alte Akademie mit ihren über 400 Jahren wert“ sondern „was bekommen wir für eine Spitzenimmobilie“. Jetzt liegt es bei der Stadt:
Was wird aus den vielen schönen und besonderen Details der Alten Akademie durch die Umnutzung zu einem Handel/Büro/Wohnungs-Renditekomplex? Was wird mit den Treppenhäusern, der Kantine, dem Eingang, der Bibliothek, der Fassade, dem Schmuckhof und den Dächern im Einzelnen angestellt?

Verlangen Sie Zutritt in die Gebäude, um sich ein eigenes Bild zu machen, beharren Sie auf konkreten Antworten zu allem, was Sie da sehen. Damit für Sie und für Transparenz statt Machtkämpfen hinter verschlossenen Türen genügend Zeit bleibt, sollte ein geordnetes Bebauungsplan-Verfahren eingeleitet werden!

Flugblatt der Aktion gegen den faulen Zauber

Aus der Anzeige zur Eröffnung des Kaufhauses Hettlage:
„Am kommenden Samstag, 27. März, wird das neue Geschäftshaus der Firma Hettlage in der Neuhauser Straße eröffnet. Die Besucher, die es schon morgen ab 15 Uhr besichtigen können, werden ihre Erwartungen übertroffen finden und den Fachleuten gerne glauben, dass es eines der schönsten Geschäftshäuser Westeuropas geworden ist, vielleicht sogar das schönste.
… Die Firma Hettlage betraute Architekt BDA. Dipl.-Ing. Josef Wiedemann, der sich schon mit der Neugestaltung des Odeon einen besonderen Namen als Baukünstler gemacht hatte, mit der Lösung der heiklen Aufgabe. Unter seiner künstlerischen Leitung glückte es, gefördert durch die vorbildliche Zusammenarbeit aller beteiligten Stellen, den umfänglichen Bau in kurzgehaltener Zeit durchzuführen.
… Die Absicht der Firma Hettlage, eine Kaufstätte zu schaffen, die ohne Aufwendigkeit modern und zweckmäßig und wirklich schön sein sollte, ist so eindrucksvoll verwirklicht, dass es fast notwendig erscheint, zu betonen, dass alle Bauelemente nur die normal üblichen sind. Es ist eine angenehme, harmonische Verbindung historischer Monumentalität mit moderner Baukunst gefunden worden.“hettlage_eroeffnung-1954

Soll dieses herausragende Zeugnis des Wiederaufbaus Münchens klammheimlich abgerissen werden? Hier gibt es kein Verstecken und kein Vertun; das ist keine Nebenbei-Entscheidung, die im allgemeinen Vergessen untergehen wird. SIGNA wird nur eine kurze Episode im Lauf der Zeit sein – die Frage, wer diese Zerstörung im Namen der Stadt München zu verantworten hat, wird bleiben.

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