Benkos Architekt hat hier in München gerade schon einen Auftrag abgewickelt: Unter seiner Schirmherrschaft wurde mit der Stadt München ausgehandelt, die Alte Akademie im Inneren mit der Ausstattung des Wiederaufbaus in den 50ern durch Josef Wiedemann weitgehend zu zerstören – um es für Kommerz und Profitmache verwendbar zu machen. Ein historisch wertvolles Bauensemble, das alle, die es kennen, für schutzwürdig halten.
Jetzt langt er an ein historisch weniger achtbares Gebäude, das es wohl verdient hätte, im Krieg Bombenschutt zu werden, wären dafür andere Gebäude erhalten geblieben. Das Haus der Deutschen Kunst von 1933/37, für das die deutschen Industriellen (v. Finck*, Flick, Siemens …) kurz nach der Machtübergabe an Adolf Hitler Geld gesammelt hatten, um es dem Führer zum Geschenk zu machen.
Die kunsthistorische Expertise im Architekturführer München / Oberbayern (Braun Publishing):
„Das Haus der Kunst zeigt bereits die wesentlichen Elemente nationalsozialistischer Präsentationsbauten. Es entstand ein mit Haustein verkleideter Stahlbetonbau, der die formalen Elemente des Klassizismus in Zahl und Form reduzierte, vergröberte und vergrößerte und schier endlos wiederholte. Die formale Härte, schmucklose Monumentalität und gleichförmige Reihung sollen dem Passanten das Gefühl von der eigenen Unbedeutsamkeit vermitteln und die vermeintlich riesigen Steine spiegeln eine handwerklich-materielle Solidität vor, sind jedoch nur Oberfläche auf dem Betonkern. Der hier gezeigte Formenkanon wurde typisch für die Selbstdarstellung des Hitlerregimes.“
Denkmalschutz verkehrt: Kein Aufwärmen teutscher Anti-Kunst von vorgestern!
Es war womöglich richtig, den Bau nicht abzureißen, was ja ernsthaft diskutiert wurde. Aber auf jeden Fall war es vollkommen richtig, eine Baumreihe davor zu pflanzen, als gewissen Sichtschutz und als Zurücknahme seiner Bedeutung. Genauso war es richtig, die anderen Museen mehr zu fördern als gerade dieses und Industrielle, Freundeskreis und Schörghubers dafür spenden zu lassen. Und es ist auch nicht schlimm, dass das Haus seit Jahren dahindümpelt.
Für die Sanierung wird jetzt viel Steuergeld bereitgelegt und ausgerechnet ein Architekt verpflichtet, dessen Kreativität auch ins schmucklos Monumentale und Reduzierte geht. Sollte ein Statement der Dummheit der Nazis und ihrer Kulturbarbarei durch Chipperfields Hand eine unschuldige Ikone der Architektur werden können? Dazu müsste man viel vergessen können und sehr von sich eingenommen sein. Dieser Bau ist in demokratischem Geist nur dann weiter als Museum zu nutzen, wenn man ihm den Respekt verweigert. Dieses Haus ist keine Perle der Architektur und ein Klotz, der den Wahn einer Anti-Kultur verbildlicht, wird immer Schwierigkeiten haben, ein Haus der Kunst zu sein. Der irre Vorschlag, die Bäume rundherum abzusägen, ist nicht nur ein Frevel gegen das Grün der Stadt. Es ist eine Unverschämtheit und Anmaßung gegenüber Überlegungen, die vor Jahrzehnten mehr Verstand und Geschichtsbewusstsein zeigten. Vielleicht gelänge es Chipperfield, die bedrückende Ausstrahlung des Gebäudes noch reaktionär-modern zu akzentuieren. Seine nun vorgestellte erste Idee lässt nichts Gutes ahnen.
Lasst die Bäume wachsen und alt werden!
Gardone (können Sie kaufen) – Berlin – Zürich (nicht gebaut) – Paris – London – Marburg
Das Gebäude in der Mitte ist von Paul Ludwig Troost
*) Bei der Einweihung des Hauses der Deutschen Kunst, 18. Juni 1937:
Adolf Hitler (li.) und Bankier August von Finck (1898-1980) (re.)
Grauenvoll …
August v. Fincks Weste wurde bald nach 1945 wieder weiß gewaschen.
Mit dem Haus der Deutschen Kunst sollte es nicht noch einmal gelingen.
Unliebsames Erbe oder „den Blick auf die Ursprünge freilegen“?
Rückblende zu Josef Wiedemann, dem Architekten der Alten Akademie, denn kurz nach deren Fertigstellung wurde nach seinen Plänen die „Ehrenhalle“ im Haus der Kunst verändert:
Zitat von der Webseite des Haus der Kunst:
„Als in den 1950er-Jahren mit dem Einzug der Moderne das Gebäude als „entnazifiziert“ galt, nahm man im Inneren bauliche Veränderungen vor, die die Erinnerung an das unliebsame Erbe verschwinden lassen sollten. Zu diesem Zweck wurde 1956 ein Wettbewerb zwischen den Münchner Architekten Josef Wiedemann, Ernst Hürlimann und Max Ott ausgeschrieben. Wiedemann, der den Zuschlag erhielt, setzte auf eine ebenso sparsame wie symbolträchtige Lösung: eine „Neutralisierung“ durch die Farbe Weiß. So wurden die rote Marmorverkleidung der Säulen und Türrahmen weiß übertüncht, eingezogene Wände und Decken – und zeitweise Vorhänge aus weißem Nessel – verwandelten die monumentale Halle in einen multifunktionalen Raum.
Diese nachträglichen Veränderungen wurden in den 1990er-Jahren, vor allem aber seit 2003 im Rahmen des „Kritischen Rückbaus“ sukzessive rückgängig gemacht, um den Blick auf die Ursprünge freizulegen und eine offene Auseinandersetzung mit dem Raum und seiner Geschichte zu ermöglichen.“
Genau hier, in der Tendenz dieser Zeilen, liegt der Kern der Frage, die ausdiskutiert werden muss: Ist es ein „Verdrängen“, wenn eine zentrale ehemalige Kulthalle, die man kulturell nützen will, von der NS-Brumpftigkeit befreit wird? Oder soll es ein „sich der Geschichte und den Ursprüngen stellen“ sein, wenn man es wieder so haben will, wie es die Nazis für sich gebaut haben? Kann Kunst überhaupt mit dieser Architektur koexistieren oder sogar ihre Kontaminierung aufheben, wie gesagt wird? Provisorisch vielleicht schlecht und recht, aber nicht mehr, wenn dieser Bau – sozusagen wertfrei (was es nicht gibt) – bei einer Sanierung mit Ansage in die Nazizeit zurückgestylt würde.