Das erste Großprojekt für SIGNA, das Christoph Stadlhuber (CEO der SIGNA Prime Selection AG) managte, war das „Goldene Quartier“ im Zentrum Wiens, günstig gekauft von BAWAG und Bank Austria zur Zeit der Bankenkrise. Zur österreichischen Bundesdenkmalamts-Präsidentin Barbara Neubauer wurde im Zuge des Projekts ein ganz nahes Verhältnis aufgebaut, wie es in diesem Interview mit selbstgestellten Fragen freudigen Ausdruck findet. Es wurde auf die Münchner SIGNA-Webseite gestellt, so als Vorbild für die Aktivitäten hier.
SIGNA: Der 1. Bezirk ist dank des GQ wahnsinnig belebt worden. War diese Investition folglich richtig?
Neubauer: Auf jeden Fall. Wien hat großes Potenzial, das dadurch weiterentwickelt werden konnte. Es ist immer schwierig, mehrere Objekte in mehreren Infrastrukturen unterbringen zu müssen, aber mit dem GQ konnte man im Großen denken, und einige Sünden aus der Vergangenheit wurden damit wieder in Ordnung gebracht ( l a c h t ).
SIGNA: Gibt es im Innenstadtbereich nun noch weitere Projekte, auf die man sich freuen darf?
Stadlhuber: Die SIGNA würde sicher wieder in solch ein Objekt investieren, denn wir sind Wiederholungstäter ( l a c h t ). Klar ist: Wir haben unseren Fokus auf Innenstadtlagen und somit auch auf historischen Objekten. Darin sind wir Experten, da machen wir weiter. (SIGNA München)
Modell der Front zum Georg Coch-Platz im Museum Postsparkasse
Im Dezember 2013 (übrigens gleichzeitig wie die Alte Akademie) kaufte SIGNA von der BAWAG noch deren Hauptsitz, das weltbekannte, „legendäre“ Postsparkassengebäude von Otto Wagner (1905). Versprochen wurde eine langfristige Mietbindung und die Weiterführung als Bankzentrale unter Verantwortung der BAWAG für das Gebäude – außer dem Eigentümerwechsel sollte alles beim Alten bleiben. Doch nach kurzer Schamfrist, im Dezember 2016 – drei Jahre später, wird der Auszug der BAWAG bekannt gegeben. Und der Umzug in „The Icon Vienna“, das gerade am Hauptbahnhof gebaut wird und im Juli 2017 mit diesem festen Hauptmieter an die Allianz zu einem Super-Preis verkauft wurde. Perfekter Zeitplan, alles gut gemacht, die Kasse stimmt, Benko ist der Größte, die Fachwelt applaudiert.
Presse-falsch-Information (Link wurde auf der BAWAG-Webseite gelöscht)
Allerdings hat die BAWAG (Cerberus-Konzern) das Versprechen gebrochen und SIGNA hat das Versprechen gebrochen. Erst 2005 war das Gebäude zum 100jährigen Jubiläum unter großem Aufwand bis ins Detail „in Originalzustand“ versetzt worden; die besonders herausragenden Kassensäle wurden zum Museum. 2000 Angestellte arbeiten hier. Was in aller Welt passt nicht?
Die Schließung des Museums wurde bereits angekündigt
Die Postsparkasse hat das Potential zu profitabler Verwertung! Meint zumindest SIGNA. Ende Juni diesen Jahres lässt Hr. Stadlhuber die Katze aus dem Sack:
„Zum Beispiel wurden frühere Bankgebäude auch zu Repräsentationszwecken gebaut. Der repräsentative Charakter der alten Kassensäle lässt sich heute perfekt für ein Hotel umnutzen – wie beispielsweise beim Park Hyatt Vienna eindrucksvoll geschehen. Der große Kassensaal der ehemaligen Länderbankzentrale am Hof 2 ist nun ein luxuriös ausgestattetes Foyer und beherbergt ein beliebtes Restaurant mit einer gutbesuchten Bar – ein sehr gelungenes Beispiel für eine neue Nutzung. Ein weiteres, architektonisch wertvolles Bankgebäude ist die von Otto Wagner geplante Wiener Postsparkasse, für das gerade ein neues Nutzungskonzept entwickelt wird. Auch dort dominiert ein großer Kassensaal den Eingangsbereich.“ (Stadlhuber)
Das Postsparkassengebäude ist ein Meilenstein der Architekturgeschichte in einer der stärksten Phasen, im Übergang zur Moderne. Ein hoch zu schätzendes Erbe, keine Baustelle für Verbesserungsversuche oder zwanghaftes Hinterlassen neuer Zeitschichten; es ist für weitere Jahrzehnte renoviert worden, es gehört zur Stadt so wie es ist. Dieses Gebäude spricht für sich selbst, bitte schauen Sie es sich an, wenn Sie Gelegenheit haben, oder diesen Filmbeitrag oder informieren Sie sich über Bücher und Internet. Der Umbau in ein Hotel, eine Anpassung an die Erwartungen von luxusverwöhnten Gästen wäre reiner Vandalismus (Herr Stadlhuber wird das noch ein „Öffnen“ nennen). Und was tut der Investor, wenn das Volk die Entwickler gar stoppen wollte?
„Ein Problem bei der Wiederbelebung historisch wertvoller Gebäude sind auch die Debatten um den Denkmalschutz – was darf verändert werden und was muss erhalten bleiben? Hier können Uneinigkeiten in Bezug auf Detailfragen den gesamten Prozess um Jahre verzögern. Das schreckt viele Entwickler ab, das Risiko sich in die Länge ziehender öffentlicher Debatten und damit ein hohes Kostenrisiko ist zu groß. Aus diesem Grund müssen BürgerInnen aktiv in den Entwicklungsprozess eingebunden werden, um bei Vorhaben städtebaulicher Tragweite von Beginn an breite Akzeptanz zu erreichen.“ (ebenda)
Der Passus ist wohl Stadlhubers Münchner Problemerfahrung geschuldet (uns freuts), öffentlichkeitskosmetisch umgedreht. SIGNA wird den Teufel tun und „BürgerInnen aktiv einbinden“, wenn aufmüpfiges Volk beim Superreichwerden stört. Der Versuch einer stadlhuberischen Problemlösung ist in München zu beobachten: als Fake – passiv ist das SIGNA-aktiv: nicht Bürger-Beteiligung sondern Bürger-Manipulation mithilfe von Eventagenturen. Das Stichwort des Protests in München sind die Arkaden – Stadlhubers Strategie ist, von den Übergriffen zu schweigen und Unbedarften einen Gewinn vorzumachen, in diesem Fall die großspurige „Öffnung“ des Schmuckhofs (SIGNA-facebook). Aus Partypeople, Freibiergenießern und Adabeis macht man sich ein angenehmes Volk, das sich amüsiert und Dankbarkeit zurück schenkt. Das läuft in München unter dem Aktions-Motto: „Früher war alles besser?“ – Wien, was blüht Dir?
„René Benko schnappt sich Jugendstil-Juwel“ – kurier
„Weg mit dem Familiensilber?“ – Wiener Zeitung
„Verkauf an Benko erregt viele Wiener!“ – heute
„Rettet die Postsparkasse“ – Wiener Zeitung
„Wo Entwickler Entwickeltes entwickeln“ – Die Presse
„Ausgeschlossene Gesellschaft“ – Die Presse
„Requiem für ein Juwel“ – Die Zeit
„Architekturikone Postsparkasse in Gefahr“ – Vorarlberger Nachrichten
Die „äußere Erscheinung des Objektes“ – eine gängige Metapher der geschrumpften Denkmal(Investoren)pflege
Auf unsere Anfrage beim österreichischen Bundesdenkmalamt bekamen wir folgende Antwort:
Bezug nehmend auf Ihre Anfrage per e-mail vom 06.10.2017 in der Sie Ihrer Sorge um die Nutzungsveränderung des nach Plänen von Otto Wagner errichteten Gebäudes der Österreichischen Postsparkasse in 1010 Wien, Georg-Coch-Platz 2, Ausdruck verleihen, wird mitgeteilt, dass das Österreichische Denkmalschutzgesetz (DMSG) verständlicherweise keine Funktion oder Nutzung eines denkmalgeschützten Gebäudes determiniert. Der Schwerpunkt der gesetzlichen Möglichkeiten liegt eindeutig in der substanziellen Erhaltung der denkmalgeschützten Substanz sowie seiner äußeren Erscheinung. Wenngleich also keine rechtliche Möglichkeit des Bundesdenkmalamtes besteht, die historische Funktion des Gebäudes der Österreichischen Postsparkasse sicherzustellen, so liegt das Hauptaugenmerk der Denkmalpflege natürlich auf den sensiblen Umgang mit bestehender und künftiger Einrichtung, um der äußeren Erscheinung des Objektes – also auch der Kassenhalle – gerecht zu werden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Barbara Neubauer
Im Mai 2018 bei der Eröffnung der „Post Otto Wagner“-Ausstellung im MAK:
Und Signa-Geschäftsführer Christoph Stadlhuber beteuerte, dass beim Umbau für die geplante Büronutzung („kein Hotel und keine Luxuswohnungen!“) eng mit dem Bundesdenkmalamt operiert und die Fassade, der Kassensaal und die Gouverneursebene unangetastet bleiben werde. Die Sicherstellung einer auch künftigen öffentlichen Zugänglichkeit des phänomenalen Kassensaals werde man „versuchen“. Salzburger Nachrichten
Wieder typisch: Beschwichtigen – den kleine Finger hinhalten – alles im Vagen lassen …